Körber Studio Junge Regie 2023 | »Bin ich ein überflüssiger Mensch?« nach dem Roman von Mela Hartwig | Regie: Glen Hawkins
Premiere
08.06.2023 | 19:00 Uhr | Hamburg, Thalia in der Gaußstraße
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Die Wahl für die Teilnahme am Körber Studio Junge Regie 2023 fiel auf das Projekt »Bin ich ein überflüssiger Mensch?« nach dem Roman von Mela Hartwig | Regie: Glen Hawkins. Entstanden ist die Arbeit im Rahmen von »Zwischen den Kriegen. Vier Werkstattinsznierungen« im Februar 2023.
Zur Inszenierung
»Ich habe einen Körper, den man fehlerlos nennen könnte, wenn er nicht den furchtbaren Fehler hätte, unscheinbar zu sein.« Ein weibliches Ich rechnet ab mit sich selbst und dem Leistungssystem, das sie prägt: im Großraumbüro ebenso wie in der eigenen Körperwahrnehmung. Mela Hartwig erzählt in ihrem Roman von seelischer Abhängigkeit und der Sehnsucht nach einer befreiten Liebe. Der neusachliche Text der jüdischen Wienerin aus dem Jahr 1931 wurde erst 2001 veröffentlicht. Im Theater erhält die titelgebende Frage erstmals einen eigenen Resonanzraum.
© und Aufführungsrechte bei Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG, Berlin im Auftrag für Literaturverlag Droschl
Regie
Glen Hawkins (they/them)
Es spielen
Lara Maria Humm (sie/ihr)
Olha Sizykh (sie/ihr)
Anna Tarasenko (sie/ihr)
Dramaturgie
Milena Plach (sie/ihr)
Bühne & Kostüme
Laura Mendoza Gleser (sie/ihr)*
Jhana Nelles (sie/ihr)*
Sounddesign
Peter Carey-Yard (er/ihm)*
So Urbain (keine Pronomen)*
*ABK Stuttgart
Mela Hartwig
Mela Hartwig, geboren 1893 als Jüdin in Wien, war Schauspielerin, Schriftstellerin und Malerin. Der schriftstellerische Durchbruch gelang ihr mit der Novelle »Das Verbrechen«, die 1927 im Rahmen eines Wettbewerbs der Zeitschrift »Die literarische Welt« durch Alfred Döblin prämiert und 1928 im Novellenband »Extasen« im Zsolnay-Verlag Wien publiziert wurde. 1929 erschien ihr erster Roman »Das Weib ist ein Nichts«, ebenfalls bei Zsolnay. 1931 sandte Mela Hartwig ihrem Verlag das Manuskript »Bin ich ein überflüssiger Mensch?«. 1933 sagte man ihr mit folgenden Worten ab: »Sie wissen, sehr verehrte gnädige Frau, dass das Weltbild des deutschen Lesepublikums und besonders der deutschen Frau heute ein anderes ist als die Lebensanschauung, die aus Ihrem Werke spricht.« Nach der Enteignung durch die Nationalsozialisten und der Vernichtung ihrer Bilder emigrierte Mela Hartwig 1938 mit ihrem Mann nach England, wo sie sich unter ihrem Ehenamen Mela Spira auf die Malerei konzentrierte. Sie starb 1967 in London. »Bin ich ein überflüssiger Mensch?« wurde 2001 im Literaturverlag Droschl aus dem Nachlass erstveröffentlicht.
»Was mir fast ebenso schmerzlich fehlt wie die Sicherheit, die jegliche Fähigkeit und Begabung verleihen, ist die Sicherheit, die ein Körper, auf den man sich verlassen kann, gewährt. Ich bin nicht schön, ich bin nicht häßlich. Ich habe ein Gesicht, das weder angenehm noch unangenehm auffällt, das weder anziehend noch abstoßend ist, das man einfach nicht beachtet. Ich kann mir, glaube ich, das Geständnis ersparen, daß ich schön sein möchte. Das ist selbstverständlich. Aber ich beteuere, daß ich zuweilen häßlich sein möchte, abstoßend häßlich. Ich kann nicht erklären, weshalb ich zuweilen abstoßend häßlich sein möchte. Vielleicht, weil man mich dann beachten müßte, vielleicht. Aber das ist nur eine Vermutung von mir, erklären kann ich es wirklich nicht. Ich bin weder gut noch schlecht gewachsen. Ich habe einen Körper, den man fehlerlos nennen könnte, wenn er nicht den furchtbaren Fehler hätte, unscheinbar zu sein.«
Mela Hartwig, Bin ich ein überflüssiger Mensch?