radikalextrem²

Gastspiel der theaterperipherie frankfurt

Termin

13.04.2013 | 20:00 Uhr |

Abendkasse geöffnet ab 19 Uhr | Eintritt € 5
Reservierung unter  karten@adk-bw.de

»Du bist nichts, Dein Volk ist alles!« »Du bist nichts, Deine Religion ist alles!«

Was ist heute noch radikal im Zeitalter, in dem alles möglich zu sein scheint? Wie kann Kunst noch provozieren, wenn Provokation zum Metier der Werbung geworden ist? Wo sind Grenzen in einer Zeit der ständigen Entgrenzung?

Das Setting für radikalextrem² gibt vor: Fünf Spieler*innen befinden sich isoliert im Theaterraum. Wie in einem Experiment – ohne eine Geschichte ohne eine Rolle – müssen sie alles daran setzen, ihre Vereinzelung zu überwinden, und – egal mit welchen Mitteln –  zu einer Einheit zu werden: dem Kommando »al quod«, benannt nach dem Tag (dem letzten Freitag im Ramadan), an dem Rechtsextremisten und radikale Salafisten gemeinsam für »die Befreiung Jerusalems« auf die Straße gehen. Jenseits von Klischees, Moral, politischer Korrektheit und Erklärungen durchlaufen sie Stadien der Provokation, der Radikalität bis zur extremistischen Gewalt.

Zur Inszenierung von radikalextrem²
Die Inszenierung ist eine Collage, die unterschiedliche Perspektiven ausleuchtet. Deshalb folgt sie auch keiner geschlossenen Ästhetik. Sie ist eine Performance. Die Zuschauer*innen sind die Partner*innen der Spieler*innen. Sie können jeder Zeit ins Spiel eingreifen. Die Spieler*innen begeben sich in einem gruppendynamischen Prozess auf einen Trip in die Gewalt: ohne eine Rolle, ohne eine Geschichte. Sie spielen mit Rollenbildern und Klischees, wechseln zwischen Realismus/Psychologie und Überhöhung/Groteske, treten als Live-Band mit selbst geschriebenen Songs auf und präsentieren Propagandavideos.

Regie/Bühne: Alexander Brill
Kostüme: Katja Quinkler
Dramaturgie: Jan Deck
Videos: Claire Dorweiler
Produktionsleitung: Hanna Schassner

Es spielen: Dafne Altun, Miro Kania, Hadi Khanjanpour, Tanja Ronaghi, Florian Stamm

 

Der Abend gliedert sich in zwei Abschnitte.

1. Im ersten Teil werden verschiedene Aspekte der Radikalität und ihrer möglichen Ursachen spielerisch umkreist. Verhalten, Klischees, Erwartungen des Publikums und Provokationen werden vorgeführt, gebrochen und wieder verworfen.

2. Im zweiten Teil wird aus dem Spiel Ernst: der Weg in den Extremismus beginnt. Die Spieler*innen legen sich feste Identitäten zu, die Gruppe bekommt eine klare hierarchische Struktur. Ihr Weg führt ohne große Umwege in Gewalt und Terror. Das Publikum ist kein*e Spielpartner*in mehr, sondern es repräsentiert jetzt die zu bekämpfende demokratische Gesellschaft.

 

Reaktion auf das Stück »radikalextrem²«:

30.11.2012

Lieber Alexander Brill,

Es mag richtig sein, den Zuschauer*innen nach diesem Stück die Gelegenheit zum Gespräch zu geben – uns ging es anders, deshalb sind wir gegangen. Wir fühlen uns gleichermaßen erfüllt und entleert, sind erschüttert, nachdenklich, beeindruckt und begeistert. Wir alle vier konnten es kaum aushalten, in der passiven Rolle des*der Zuschauer*in zu verharren – gleichzeitig war es mir nicht möglich, den Aufforderungen zum »Mitmachen« nachzukommen: zu sehr spürte ich die Verführung, die von Teilen des Stückes ausging. Zu stark auch die gefühlte Ambivalenz – ich fühlte mich mittendrin (das geht mich was an!), und will doch gleichzeitig nichts damit zu tun haben. Und das alles im Wissen (und mit der Erfahrung): Was an Radikalisierung entsteht (hervorragend, wie ihr die Austauschbarkeit der Haltungen und Verhaltensweisen inszeniert habt!), dafür bieten wir alle die Basis, die »Argumente«, die Strukturen…

Ein RIESENkompliment an das Team, die Schauspieler*innen. Sie haben es geschafft, beinahe jedes Tabu zu brechen – und gleichzeitig mit ihrer Authentizität und Spielfreude jeden Abwehrreflex verhindert. Das Stück ist mutig, sehr mutig, und obwohl es so viele Grenzen überschreitet, war es nie peinlich oder beschämend. Das ist wirklich eine Kunst!

Ich danke Ihnen und deinem Team sehr für diese Aufführung!

Herzliche Grüße an Sie alle

Cornelia Spohn

(Die theaterperipherie dankt, dass dieser wunderbare Brief veröffentlicht werden darf).