Szenenfoto »Zertretung« Szenenfoto »Zertretung« von Lydia Haider, R: Glen Hawkins, Schauspiel Stuttgart (Premiere 13.04.2024)© Björn Klein

ZER­TRETUNG von Lydia Haider | Regie: Glen Hawkins | Schauspiel Stuttgart Nord

Bachelorinszenierung

In Kooperation mit:

Termin

13.04.2024 | 20:00 Uhr | Schauspiel Stuttgart Nord

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 »Bei ihr fängt stummes Papier plötzlich zu schreien an. Läßt sie ihre Worte los, überschwemmen sie als Sintflut gottesrichterlicher Kompromißlosigkeit den ganzen Planeten, Noahs Arche außerdem. … eine radikale und sprachgewaltige Stimme der österreichischen Literatur« (zeit.de)

Wie mit einem System umgehen, das weibliche Stimmen lautstark übertönt? Das sie unentwegt instrumentalisiert, objektifiziert und degradiert? Das sich selbst konstant reproduziert und zum Naturgesetz stilisiert? Wer ist dieses System überhaupt? Dieser eine Mann in der U-Bahn? Andreas Gabalier oder der heilige Herrgott selbst? Gegen wen die Wut richten? Warum nicht Gewalt mit Gewalt erwidern, anstatt den Frieden zu wahren? Also dann: alles Männliche abschlachten! Doch um die patriarchale Unterdrückung endgültig zu stürzen, muss die Sprache selbst, das zentrale Instrument ihrer Machtausübung ebenfalls zerstört werden. Doch wie bringt man eigentlich die Sprache um?

Zwei Spielerinnen verlieren sich in ihrem Rausch, es entsteht ein Duell um und mit der Sprache selbst. Es folgen Sätze, die kein Ende finden, die in andere übergehen und abbrechen. Sätze, die sie hinwerfen, hinscheißen, herausreißen, herausdrücken müssen wie ein Kind. Kann es gelingen, die Sprache umzubringen, ohne den eigenen Körper, das einzige Mittel zur Ausübung der Sprache zu zerstören?

Lydia Haiders Text ist eine sprachgewaltige, ultimative Abrechnung, die sintflutartig in den Raum stürzt. »Zertretung« ist eine Zusammenführung der beiden Stücke »Zertretung – 1. Kreuz brechen. Also alle Arschlöcher abschlachten« und »Zertretung – 2. Sprache essen Abgott auf oder: Du arme Drecksfut Metzger« von Lydia Haider. Der Text entstand in Haiders Zeitl als Hausautorin am Volkstheater Wien

 

 

INSZENIERUNG
Glen Hawkins

ES SPiIELEN
Saba Hosseini*
Marie Schwanitz*

BÜHNE UND LICHTKONZEPT
Kanade Hamawaki

KOSTÜM
Paula Lindenmann

SOUNDDESIGN
Constantin Rinke

LICHT
Michael Frank

DRAMATURGIE
Amelie Hermann*
DRAMATURGISCHE BERATUNG
Philipp Schulze

*ADK

Pressestimmen

Das Bühnenbild von Kanade Hamawaki überzeugt. Eine große Stärke in dieser Inszenierung ist das Sounddesign von Constantin Rinke, die mit liturgischen Anklängen ebenso arbeitet wie mit Anspielungen auf klassische und Popmusik. Er unterstützt entscheidend die Stimmungen der Szenen. Während Saba Hosseini eher den weicheren Part in diesem Spiel übernimmt, setzt Marie Schwanitz aggressive Untertöne. Beide überzeugen in ihrem Zusammenspiel. Ein spannender Theaterabend, der das Publikum grübeln lässt, ob Sprache mit Sprache abgeschafft werden kann.
Manfred Jahnke, Die Deutsche Bühne, 14.04.2024, vollständiger Artikel hier

Die Angst, den eigenen Körper durch die Vernichtung der Sprache zu zerstören, bleibt in dieser Inszenierung trotz der vielen Ironie immer spürbar.
Starker Schlussapplaus, viele „Bravo“-Rufe für diese Kooperation mit der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg.
Alexander Walther, Theaterkompass, 14.04.2024, vollständiger Artikel hier

Zu Beginn stehen Saba Hosseini und Marie Schwanitz im knallroten Ritualanzügen, mit übergroßer Kapuze aus LKW-Plane im weiß gekachelten Bühnenportal, während ein Sound Teppich aus Kirchenglocken ungutes verheißt…
Zertretung angelegt als Verbalboxkampf in 14 Runden, die A und B über ein Buzzer an den Bühnenwand selbst einläuten. Die szenische Einrichtung Spielfreude überzeugen.
Kathrin Horster, Stuttgarter Zeitung, 15.4.2024, vollständiger Artikel hier

 

Es ist eine Freude, Zeuge dieser rasenden Wut zu sein. Einem Massaker am Maskulinismus, einem apokalyptisch-ekstatischem Rausch, …
An Bildern roher Gewalt mangelt es Zertretung nicht. Gleich in der ersten von 14 „Runden“ geht es hart zur Sache, skandalträchtig hart. ..
Ob biblisch oder nicht: Es ist nicht leicht, dem gesprochenen Wort in Zertretung zu folgen. …Vielleicht geht es aber weniger um das wortwörtliche Verstehen als vielmehr um die Effekte, die die Sprache transportiert. Selbst wenn das Gesprochene nur bruchstückhaft gehört und verarbeitet werden kann, kommt bei Zuhörenden an, dass sich eine Menge Wut und Hass auf die Verhältnisse entlädt.
Zertretung von Lydia Haider (bietet) in der Stuttgarter Inszenierung durch Glen Hawkins einen eindrücklichen Theaterabend, der anspruchsvolle Fragen zur Macht von Sprache mit Prisen komischer Absurdität verbindet. Auch das kraftvolle Spiel von Saba Hosseini und Marie Schwanitz beeindruckt.
Oliver Pöttgen, Vliestext, 30.04.2024, vollständiger Artikel hier

Auch Peter Handke bekommt sein Fett weg, wobei sich dessen legendäres Sprechstück Publikumsbeschimpfung von 1966 gleichsam zahm gegen Lydia Haiders Zertretung ausnimmt, diesen exzessiven 90-minütigen Sprach-Beschimpfungs-Rausch, die Glen Hawkins als mutige Regie-Abschlussarbeit des Studiums an der Ludwigsburger Akademie für Darstellende Kunst ADK am Schauspiel Nord inszeniert.
… Nicht der Inhalt und die Sprache ist hier entscheidend, und diese bringt das junge Ensemble in Hawkins Abschlussarbeit mit rauschhaften, schonungslosen Predigten auch über weite Strecken überzeugend auf die Bühne …
Uta Reichardt, Ludwigsburger Kreiszeitung, 22.04.2024, vollständiger Artikel hier

 

 

Glen Hawkins

Glen Hawkins, 1999 in Salzburg geboren, studiert seit 2020 Regie an der ADK. Vor dem Studium wirkte Glen Hawkins  in Kasimir und Karoline (Regie: 600 Highwaymen) bei den Salzburger Festspielen mit und sammelte anschließend Erfahrungen als Hospitant*in am Burgtheater Wien sowie als Regieassistent*in am Schauspielhaus Salzburg und im Galeriewesen bei Thomas Salis. Im Rahmen des Stipendiums der Namibia-Initiative des Landes Baden-Württemberg entwickelte Glen Hawkins gemeinsam mit Alessa Bollack die kollektive Arbeit und Performance A Queer Bitch Party Vol. 1 Q. Surroundings, die im Oktober 2022 beim »Otjomuise Live Arts Festival« in Windhoek aufgeführt wurde. Danach folgte ein Gastspiel beim UWE-Festival an der Theaterakademie August Everding in München. Weiter entstand die Romanadaption »Bin ich ein überflüssiger Mensch?« von Mela Hartwig, mit der Glen Hawkins zum Körber Studio Junge Regie 2023 in Hamburg eingeladen wurde sowie »Amphitryon« nach Heinrich von Kleist in Ludwigsburg. Darüber hinaus realisierte Glen Hawkins gemeinsam mit dem ChelseaHotelEnsemble die performative Baustellenbegehung »Ich dachte ich bin frei, aber eigentlich bin ich doch nur leer« im Baugebiet des Stuttgarter Bahnhof.
Mit »Zertretung« von Lydia Haider schließt Glen das Studium an der Akademie für Darstellende Kunst in Ludwigsburg ab.

Porträt von Gen Hawkins
Glen Hawkins© Niklas Vogt